Bundeszentren sind Lager

Mit der Neustrukturierung des Asylverfahrens werden die ‚Bundeszentren‘ geschaffen, welche wir bewusst als Lager bezeichnen, einerseits aufgrund ihrer Funktion innerhalb der Gesellschaft, aber auch aufgrund ihrer geographischen Lage und der sozialen Isolation der Insass*innen.

Architektur der Kontrolle
Die Lagerstruktur der sogenannten ‚Bundeszentren‘ ist dadurch gegeben, dass eine Gruppe von Menschen vom Rest der Gesellschaft isoliert und in besonderer Weise behandelt wird. In diesem Fall sind es Menschen, die geflüchtet und dabei ohne entsprechende Papiere in die Schweiz gekommen sind. Doch das Konzept der Lager ist in unserer Gesellschaft weiter verbreitet und umfasst viele Institutionen wie Knäste, Psychiatrien, Alters- und Jugendheime, Krankenhäuser und auch Schulen. Eine zentrale Funktion dieser Lager ist die räumliche Konzentration einer bestimmten sozialen Gruppe.

Einige dieser Lager zeichnen sich durch ihre geographische Lage aus, so sind Knäste und Psychiatrien sowie die Bundeslager häufig an der Peripherie oder ganz abgelegen von Städten platziert. Dadurch sind sie für den Rest der Gesellschaft weniger sichtbar, die Existenz der Institution und der Insass*innen weniger präsent.

Aus diesem Blickwinkel ist es nicht verwunderlich, dass viele der Bundeslager neben Knästen oder Psychiatrien liegen und teilweise alte Spitäler oder sogar Knäste zu Bundeslagern umfunktioniert werden. Gibt es bereits einen abgeschiedenen Ort, an dem ein Knast oder eine Psychiatrie steht, muss kein neuer gefunden werden, Lager zu Lager, das minimiert die Präsenz der ‚Unorte‘.

Die Architektur der Gebäude, die bereits zuvor eine Lagerstruktur erfüllten, eignet sich aufgrund der räumlichen Aufteilung. Es braucht Schlafplätze, Aufenthaltsräume, Küchen, Esszimmer, aber auch Räume zur Befragung, zur Identifizierung und Erkennungsdienstlichen Erfassung (u.a. Abnahme von Fingerabdrücken). Es braucht eine Rezeption zur Ein- und Ausgangskontrolle.


Ausschaffungslager Embrach
Die Personalhäuser auf dem Gelände der ehemaligen Psychiatrie wurden bisher als Durchgangszentrum genutzt. Das Bundeslager wird vorübergehend in eine Containersiedlung einquartiert, die bisher als Notunterkunft diente. Vor der definitiven Inbetriebnahme des Bundeslagers erfolgt ein Umbau, der mehr Platz schaffen und im Gegensatz zu den bisher verstreuten Barracken eine Umzäunung des gesamten Geländes ermöglichen soll.

Verfahrenslager Zieglerspital
Ein ehemaliges Krankenhaus wird als Bundeslager zwischengenutzt.

Ausschaffungslager Flumentahl
Die Baufirma DM-Bau AG errichtet das Bundeslager neben dem Knast in Flumenthal, zwischen Autobahn und Aare. Der fertige Elementbau wurde zuvor von der Rehaklinik in Bellikon genutzt.

Ausschaffungslager Prêles
Ehemaliges Jugendgefängnis des Kantons Bern, in dem bis zu 70 Jugendstraftäter*innen eingeknastet waren.

Ausschaffungslager Giffers
Ehemaliges Jugendheim mit Fokus auf ‚Arbeitsintegration‘


Ausbaubare Halbgefangenschaft
Dort, wo ein bereits bestehender Knast genutzt wird, sind genügend Massnahmen zur Einschliessung vorhanden. Einige der Gebäude, die zu Bundeslager umfunktioniert werden, sind schon aufgrund der bisherigen Nutzung umzäunt, um andere Standorte wird eigens für den Bundeslagerbetrieb ein Zaun gebaut.

Mit der Eingangskontrolle und den Zäunen sind die Ausgehzeiten nicht mehr nur Regeln, die man befolgen oder missachten kann, sondern die von den zuständigen Sicherheitsdiensten durchgesetzt werden können. Dies zementiert die Halbgefangenschaft, welche in bisherigen Lagern bereits eine gewisse Praxis hat. Dass die Lager in Holland den neuen Bundeslagern als Vorbild dienen, ist auch insofern beunruhigend, dass diese ganz geschlossen sind.

Sind die neuen Bundeslager fertig gebaut und eingerichtet, sind die Infrastruktur und das Verfahren so organisiert, dass sie ohne weiteren organisatorischen oder finanziellen Aufwand jederzeit zu geschlossenen Lagern umfunktioniert werden könnten. Das Einzige, das dazu fehlt, ist der politische Entscheid.