Zur Entwicklung des Asylregimes

Das erste Asylgesetz wurde 1981 eingeführt. Seither wurde es häufiger als jedes andere Gesetz verändert und dabei jedes Mal verschärft. Vor dem ersten Asylgesetz wurden alle Fälle über das ‚Ausländergesetz‘ geregelt. Mit der Einführung des Asylgesetzes und der Zunahme der Asylgesuche kam die Debatte über ‚richtige und falsche Flüchtlinge‘ vermehrt auf. Diese und ähnliche hetzerischen Debatten wurden von Beginn an von rechtspopulistischen Parteien und deren Umfeldern gefördert, um weiteren Verschärfungen den Weg zu bereiten. Während sich Parteien und Politiker*innen mit dieser Thematik auf die eine oder auf die andere Weise profilieren wollen, werden Meinungen und Bedürfnisse der betroffenen Menschen kaum beachtet oder gänzlich überhört. Die rechtspopulistischen Parteien verbreiten Feindbilder und schüren Angst vor migrierten Menschen. Seit langem prägen sie die Thematik und die gesamte Parteienlandschaft beteiligt sich immer stärker an ihrem rassistischen Diskurs.

Europäische Abschottung
Im Jahr 2004 wurden die Schengen- und Dublin-Abkommen unterschrieben. Das Schengen-Abkommen öffnete die Grenzen innerhalb Europas für einen flexibleren Markt und für Menschen mit einer europäischen Staatsbürger*innenschaft. Gleichzeitig wurde der Fokus stärker auf die Aussengrenzen gelegt. Damit wurde das Bild eines „gemeinsamen Europas“, vereint gegen den „Rest“, konstruiert. Das Dublin-Abkommen besagt, dass migrierte Menschen nur im ersten Land, welches sie innerhalb des Schengen-Raums betreten, ein Asylgesuch stellen können. Versuchen sie es in einem weiteren, werden sie zurück ins Erstankunftsland deportiert.

Im Zuge dieser Abschottungspolitik wurde auch der europäische Grenzschutz, ehemals ‚Frontex‘, heute ‚European Border and Coast Guard Agency’(EBCGA), errichtet. Diese Organisation wird finanziell und personell von den Schengen-Mitgliedsstaaten getragen. Neben dem Überwachen der Aussengrenzen sind sie zuständig für die „Gefahrenanalyse“ an eben diesen. Anhand dieser Analyse wird entschieden, welche Grenzabschnitte stärker überwacht werden sollen und welche Hilfsmittel dazu benötigt werden. Sie entwickelt zudem standartisierte Ausbildungen für die europäischen Grenzbewacher*innen. Die EBCGA ist im Moment vor allem im Mittelmeerraum und in Osteuropa tätig und bewacht die Grenzen auf dem Land sowie auf dem Wasser mit militärischen Mitteln. Ihr Budget steigt von Jahr zu Jahr und es wird geplant, die Organisation noch weiter auszubauen.

Neueste Asylgesetzrevision
Die letzte grössere Asylgesetzrevision wurde im Jahr 2016 von der Stimmbevölkerung angenommen. Anders als bei den früheren Revisionen, die meist von ‚rechten‘ Parteien unterstützt und von ‚linken‘ abgelehnt wurden, wurde diese Verschärfung von der SP-Bundesrätin Simonetta Somaruga entworfen und von der SP unterstützt.

Bei dieser Revision wurden, neben anderen Verschärfungen, die beschleunigten Asylverfahren und die sogenannten Bundeszentren eingeführt. In diesen sollen über 5000 Lagerplätze, verteilt auf sechs Regionen, geschaffen werden. Zudem sollen in jeder Region mindestens ein Verfahrenszentrum und ein Ausreisezentrum entstehen. Neben diesen Lagern werden zwei ‚besondere Zentren‘ für ‚renitente‘ Asylsuchende geschaffen. Insgesamt sollen 16 Bundeslager errichtet werden. Die schon bekannten Betreiberinnen der neuen Bundeslager sind die Asyl-Organisation Zürich (AOZ) und die ORS Service AG.

Eine wichtige Änderung im Zuge der Revision ist die Zentralisierung. Neben der Unterbringung der Menschen sollen möglichst alle beteiligten Stellen und Verfahrensschritte in den Zentren gebündelt werden; so zum Beispiel die medizinische Betreuung, die Schule, das Erfassen der erkennungsdienstlichen Massnahmen (Fingerabdrücke u.ä). Diese Änderungen sollen zur allgemeinen Beschleunigung der Asylverfahren beitragen, was einerseits zu einer Senkung der Ausgaben führen soll und andererseits die asylsuchenden Menschen gegenüber dem Rest der Gesellschaft isoliert.

2014 wurde in Zürich mit dem Testbetrieb eines solchen Bundeslagers begonnen. Seitdem wurde nach Standorten gesucht, Gebäude wurden zu Lagern umgebaut und weitere Testbetriebe gestartet. Im März 2019 sollen die Bundeslager schweizweit betriebsbereit sein und vollständig auf das neue System umgestellt werden.


Europäische Lagerpolitik
Als Vorbild für die Bundeslager dienen der Schweiz die geschlossenen Lager in Holland. Diese Zentralisierung und das dazugehörige „beschleunigte Verfahren“ sind wiederum Vorbild für angrenzende Länder wie Deutschland und Italien. Zur europäischen Lagerpolitik gehört auch das Verschieben der Aussengrenze auf die südliche Seite des Mittelmeers. So arbeitet die EU mit Libyen zusammen, um die geflüchteten Menschen bereits dort abzufangen, in „Auffanglager“ zu internieren und nach Möglichkeit direkt in die Länder, aus denen sie migriert sind, rückzuschaffen. In Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen wurden 2016 aus Libyen 3‘000 Menschen, 2017 bereits 20‘000 Menschen rückgeschafft. Das Ziel, Menschen gar nicht erst nach Europa einreisen zu lassen, sondern bereits vorher abzufangen, verfolgt auch das sogenannte EU-Türkei-Abkommen, welches im März 2016 unterschrieben wurde.